
Zweite S-Bahn-Röhre: Bund Naturschutz fordert Verfahrensstopp
Mehr als drei Monate nach dem ersten Spatenstich für die zweite Münchner S-Bahn-Röhre hat der Bund Naturschutz (BN) auf Grundlage eines neuen Gutachtens den Stopp des Verfahrens gefordert.
Der Bund Naturschutz zweifelte die Berechnungen der Staatsregierung in Bezug auf die Kosten-Nutzen-Rechnung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke an. Das sagte BN-Kreisvorsitzender Christian Hierneis am Freitag in München.
Im Jahr 2016 veröffentlichte die Bayerische Landesregierung einen Kosten-Nutzen-Plan, aus dem hervorging, dass die zweite S-Bahn-Stammstrecke wirtschaftlich und damit förderfähig ist. Demnach errechnete die Regierung einen Kosten-Nutzen-Faktor von 1,05 für das milliardenschwere Bauprojekt.
Grundsätzlich muss ein Bauvorhaben, welches durch Bundes- und Landesmittel gefördert wird, einen Wert von über 1,00 als Kosten-Nutzen-Faktor vorweisen.
Die These, dass die zweite Münchner Stammstrecke wirtschaftlich ist, stellt Gutachter Professor Volker Stölting von der TH Köln infrage: Es gebe Ungereimtheiten bei Prognosen der Betriebskosten etwa von Rolltreppen und Lüftungen.
So seien diese Betriebskosten im Vergleich zu Schätzungen aus dem Jahr 2011 plötzlich gesunken. Das sei nicht plausibel, erklärte der Verkehrsexperte und stellte ein Gegenbeispiel auf: „Würde man das umdrehen und die Kosten erhöhen, wäre der Kosten-Nutzen-Faktor unter 1,0 und die Maßnahme wäre nicht förderfähig“, sagte Stölting.
Zu diesem Schluss war bereits das Gutachterbüro Vieregg-Rössler in einer ausführlicheren Studie gekommen. Der BN forderte von der Staatsregierung, die Ungereimtheiten aufzuklären.
Die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke wurde mit 3,85 Milliarden Euro veranschlagt und soll von 2026 an die Kapazitäten der chronisch überlasteten Hauptstrecke durch die Innenstadt fast verdoppeln. Es ist das größte Verkehrsprojekt in Bayern.
kp