Ein schwarze Pistole liegt auf einem Tisch — © Symbolfoto Waffe
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31 Jahre nach Mord in Wolfratshausen: Ex-Geheimdienstchef vor Gericht

Sein Tod glich einer Hinrichtung. Durchsiebt von Pistolenschüssen wurde vor 31 Jahren in Wolfratshausen die Leiche eines kroatischen Dissidenten gefunden. Wegen Beihilfe zum Mord stehen nun der jugoslawische ExGeheimdienstchef und sein Komplize vor Gericht.

München – Der Mord an dem Dissidenten liegt 31 Jahre zurück – doch erst jetzt müssen sich der jugoslawische ExGeheimdienstchef Zdravko Mustac und sein einst enger Mitarbeiter Josip Perkovic vor Gericht verantworten. Der Generalbundesanwalt wirft den beiden Agenten vor, 1983 die Ermordung des jugoslawischen Oppositionellen Stjepan Durekovic im oberbayerischen Wolfratshausen angeordnet zu haben. Sie sind wegen Beihilfe zum Mord vor dem Oberlandesgericht (OLG) München angeklagt. Die Witwe des Opfers tritt als Nebenklägerin auf. Der Prozess beginnt unter strengen Sicherheitsvorkehrungen am Freitag (17. Oktober) und soll bis zum Frühjahr 2015 dauern.

 

Mustac war von 1982 bis 1985 Chef des kommunistischen jugoslawischen Geheimdienstes SDS. Der 72-Jährige wurde im April nach langem politischen Tauziehen von Kroatien nach Deutschland ausgeliefert und sitzt seitdem in München in Untersuchungshaft. Perkovic (69) war SDS-General. Ein SDS-Mitarbeiter war 2008 wegen seiner Beteiligung an dem Mord vom OLG München zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

 

Durekovic emigrierte 1982 nach Deutschland. Er gehörte zu einer Gruppe führender jugoslawischer Dissidenten, die für ein unabhängiges Kroatien kämpften. Am 28. Juli 1983 wurde er – noch nicht 60 Jahre alt – in einer Garage in Wolfratshausen mit Schüssen und Schlägen auf den Kopf ermordet. Sein Tod glich einer Hinrichtung, der Körper war von Pistolenschüssen durchsiebt.

 

Die Auftragsmörder sind nach Angaben derBundesanwaltschaft bisher nicht eindeutig identifiziert. Spuren zum vermutlich letzten noch lebenden mutmaßlichen Täter führen nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ nach Schweden. Der Tod von Durekovic reiht sich ein in eine Serie bis heute teils ungeklärter Morde an Exilkroaten in Deutschland.

 

Der Anklage zufolge gab Mustac den Mord in Auftrag. Perkovic, der als erfahrener Agentenführer galt, sorgte demnach für die Umsetzung. Er soll die Mörder gedungen und den Schlüssel für die von Durekovic als Druckerei genutzte Garage besorgt haben.

 

Der Generalbundesanwalt erwirkte schon vor Jahren Haftbefehle gegen die einflussreichen Ex-Geheimdienstmänner. Doch erst mit dem EU-Beitritt Kroatiens im Juli 2013 konnten europäische Haftbefehle erlassen werden, die die Auslieferung ermöglichen.

 

Das südeuropäische Land wollte Mustac und Perkovic davor bewahren, in Deutschland vor Gericht gestellt zu werden. Kurz vor dem EU-Beitritt verabschiedete Kroatien noch schnell ein Gesetz, das die Auslieferung verhinderte. Erst auf massiven Druck der EU lenkte die Regierung ein. Perkovic wurde in diesem Januar ausgeliefert, Mustac im April. Ein Sohn von Perkovic ist nach „SZ“-Informationen Sicherheitsberater des amtierenden kroatischen Präsidenten Ivo Josipovic.
Nach Recherchen des Blattes arbeitete der ermordete Dissident zeitweise für den deutschen Auslandsgeheimdienst. Die „Süddeutsche Zeitung“ beruft sich dabei auf die Memoiren eines früheren jugoslawischen Geheimdienstmitarbeiters. Durekovic könnte dem Bundesnachrichtendienst Informationen über die Versorgungslage in Jugoslawien beschafft haben, wird vermutet.

 

133 Journalisten, davon 15 aus dem Ausland, haben sich zu dem Verfahren angemeldet. Wegen des großen Medieninteresses finden die ersten drei Verhandlungstage in jenem Sitzungssaal des Münchner Strafjustizzentrums statt, in dem derzeit auch der NSU-Prozess läuft. Bis Ende April 2015 sind vorerst 50 Verhandlungstage angesetzt.

 

(dpa/lby)

 

Bild: Symbolfoto

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