
Reaktionen zum Brexit: "Schwarzer Tag auch für die bayerische Wirtschaft"
Der EU-Austritt Großbritanniens sorgt auch in der bayerischen Wirtschaft für große Verunsicherung. Allein im vergangenen Jahr exportierten die bayerischen Unternehmen Waren im Wert von 15,5 Milliarden Euro nach Großbritannien, berichtet die IHK. Sie spricht von einem schwarzen Tag und einem Schlag ins Kontor.
IHK spricht von „schwarzem Tag“
„Als Schlag ins Kontor und schwarzen Tag“ bewertet die bayerische Wirtschaft die Entscheidung Großbritanniens zum Austritt aus der EU. „Mit dem Brexit werde der Europäische Binnenmarkt, Bayerns wichtigster Wirtschaftsraum, deutlich geschwächt.“ Weiter seien die Folgen für die Unternehmen im Freistaat nicht absehbar, warnt Eberhard Sasse, Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK).
Bayern würde mit dem Austritt nicht nur den zweitwichtigsten Exportmarkt, sondern auch einen sehr dynamischen Absatzmarkt verlieren, heißt es in einer Mitteilung. Allein im vergangenen Jahr exportierten die bayerischen Unternehmen Waren im Wert von 15,5 Milliarden Euro nach Großbritannien. Das waren sogar 22 Prozent mehr als noch im Vorjahr, heißt es weiter.

„Geschäfte mit diesem wichtigen Auslandsmarkt werden mittelfristig für bayerische Unternehmen komplizierter“, so der BIHK-Präsident in einer ersten Einschätzung zum Ausgang des Referendums.
So seien kurzfristig durchaus Währungsturbulenzen und damit auch eine Verteuerung von Exporten zu erwarten. Langfristig seien die wirtschaftlichen Folgen des Austritts von den künftigen Vereinbarungen zwischen der EU und Großbritannien abhängig. Dazu müsse Großbritannien nun Handelsverträge weltweit, aber auch mit der EU komplett neu aufsetzen. Die EU-Verträge sehen einen Zeitraum von zwei Jahren vor, um diese neu zu regeln. „In dieser Phase der Unsicherheit ist eine Investitionszurückhaltung von beiden Seiten zu erwarten“, fürchtet Sasse. Die EU müsse jetzt den Zusammenhalt der restlichen Mitgliedsstaaten sichern.
BMW äußert sich zturückhaltend
BMW hat betont zurückhaltend auf die Entscheidung der britischen Wähler reagiert, die EU zu verlassen. „Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind heute noch nicht absehbar. Klar ist, dass nun eine Phase der Unsicherheit beginnt“, teilte der Autokonzern am Freitag in München mit. „Wir erwarten jedoch zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf unsere Aktivitäten in Großbritannien.“
Großbritannien ist für BMW nach China und den USA der drittgrößte Auslandsmarkt. Der Konzern verkauft bislang mehr als zehn Prozent seiner Autos in Großbritannien – im vergangenen Jahr waren das 236 000 Fahrzeuge. Außerdem baut BMW in England jährlich mehr als 200 000 Minis und Rolls-Royce-Limousinen und beschäftigt dort 24 000 Mitarbeiter.
Nach dem Brexit-Votum erklärte BMW, die Bedingungen für den Personen- und Warenverkehr müssten nun neu verhandelt werden. „Bevor die neuen Rahmenbedingungen nicht im Detail definiert sind, können wir uns zu konkreten Auswirkungen auf unsere Aktivitäten in Großbritannien nicht äußern.“ Über Auswirkungen auf die Produktionsstandorte – Oxford, Hams Hall, Swindon und Goodwood – werde der Konzern nicht spekulieren. BMW hat dort rund 2,2 Milliarden Euro investiert.
Bayerische Wirtschaft fordert EU-Reform
Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft fordert nach dem Austritt der Briten eine grundlegende Reform der Europäischen Union. „Statt neue Vorschriften im Bereich Arbeit und Soziales zu erlassen, brauchen wir in der Flüchtlingspolitik ein gemeinsames europäisches Handeln. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist ohne Abstriche umzusetzen“, sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am Freitag in München. Die EU müsse aus dem Referendum Lehren ziehen und „die Ursachen für Austritts-Bestrebungen bekämpfen“. Dazu gehöre, „streng nach dem Subsidiaritätsprinzip zu handeln“.
Für Bayern sei der EU-Austritt des Königreichs ein harter Schlag: „Seit dem vergangenen Jahr ist es mit 8,6 Prozent der Ausfuhren hinter den USA der zweitgrößte Exportmarkt Bayerns.“ Die politische Krise der EU werde sich verschärfen. Deutschland verliere einen wichtigen Partner bei der Verteidigung von Freihandel und Marktwirtschaft. Um die Phase der Unsicherheit und der Investitions- und Kaufzurückhaltung so kurz wie möglich zu halten, müssten die EU und Großbritannien «den künftigen Umgang miteinander schnell definieren», forderte Brossardt.
Airbus überprüft Investitionspläne
Der Flugzeugbauer Airbus stellt seine Investitionspläne in Großbritannien auf den Prüfstand. Vorstandschef Tom Enders sagte am Freitag, Großbritannien werde sich jetzt „noch mehr auf die Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft gegenüber der EU und der gesamten Welt fokussieren. Aber natürlich werden wir unsere Investitionsvorhaben in Großbritannien überdenken, so wie jeder andere auch.“ Er hoffe, dass der wirtschaftliche Schaden durch den Brexit klein bleibe.
dpa / pm