München: Aigner startet Energie-Dialog - Wirtschaft macht Druck

Informieren, moderieren – mit viel Dialog will Wirtschaftsministerin Aigner den Streit um die Stromtrassen zügeln. Das wird schwer. Denn während die Trassengegner hart bleiben, drücken Wirtschaft und Netzbetreiber aufs Tempo.

 

Im Streit um die Stromtrassen nach Bayern zeichnet sich weiterhin keine Kompromisslösung zwischen Gegnern und Befürwortern ab. Während weite Teile der Wirtschaft sowie die Netzbetreiber an den Trassen festhalten, unterstreichen die Gegner ihren Widerstand gegen das Projekt. Inmitten dieses Streits warb Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) am Montag zum Start eines dreimonatigen Energie-Dialogs erneut um eine Annäherung der Positionen. Ziel des Gesprächsprozesses mit Vertretern von 60 Verbänden und Organisationen ist ein möglichst breiter Konsens darüber, wie die Energieversorgung in Bayern künftig aussehen soll.

 

Aigner verteidigte den neuerlichen Dialog. Die Zeiten von „Basta-Politik“ seien vorbei. Man müsse die Menschen mitnehmen, Argumente anhören und gewichten. Zur Energiewende gab es auf Einladung der Staatsregierung bereits mehrere Foren und Gesprächsrunden mit Befürwortern und Gegnern der Stromtrassen.

 

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Weite Teile der Wirtschaft halten den Bau der Höchstspannungstrassen aus der Mitte und dem Norden Deutschlands nach Bayern für unverzichtbar. „Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass es notwendig ist“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK), Peter Driessen. Er verlangte Klarheit über das Energiekonzept spätestens Anfang 2015.

 

Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt, sagte, er lasse sich zwar gerne davon überzeugen, dass die Trassen nicht notwendig seien: „Ich kann mir das derzeit aber nicht vorstellen.“ Die bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeber und die IG Metall betonten in einer gemeinsamen Erklärung: „Über den Stromnetzausbau in Bayern auf allen Spannungsebenen muss jetzt zügig und im breiten gesellschaftlichen Konsens entschieden werden.“

 

Stromtrassengegner lehnen die Projekte klar ab. Der richtige Weg sei eine möglichst dezentrale Stromversorgung, sagte Hubert Galozy vom Aktionsbündnis der Trassengegner. Black-out-Drohungen, falls die neuen Trassen nicht kommen, wies er als Täuschungsmanöver zurück.

 

 

Ost-Süd-Trasse soll in Gundremmingen enden

 

Unterdessen halten die Übertragungsnetzbetreiber am Bau dreier großer Stromtrassen nach Süddeutschland fest. Dies geht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus dem Entwurf für den neuen Netzentwicklungsplan hervor, der am Dienstag vorgestellt werden soll. Demnach sind aber trotzdem einige bedeutsame Korrekturen geplant.

 

Die besonders umstrittene und von Ministerpräsident Horst Seehofer infrage gestellte Ost-Süd-Trasse soll nun nicht mehr in Meitingen bei Augsburg enden, sondern weiter westlich beim bayerischen Atomkraftwerk Gundremmingen, von wo aus der Strom weiterverteilt werden soll.

 

Eine weitere Veränderung ist bei einem Teilstück der „Hauptschlagader“ der Energiewende, dem insgesamt 800 Kilometer langen SuedLink geplant. Er soll näher an die Industrieregion Stuttgart herangeführt werden und ein Abzweig daher nun statt in Goldshöfe im Raum Wendlingen enden.

 

Die Bundesnetzagentur muss nun die Vorschläge genehmigen, anschließend müssen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat bewerten, ob das Bundesbedarfsplangesetz, das 2013 beschlossen worden ist, noch einmal ergänzt wird.

 

Aus Kreisen der Netzbetreiber hieß es, viele Leitungen seien am Anschlag. Oft müsse mangels Leitungen Windstrom aus dem Norden über Polen und Tschechien nach Bayern geleitet werden. Für die großen Überland-Leitungen in Deutschland sind die vier Betreiber Tennet, Amprion, 50 Hertz und TransnetBW zuständig.

 

Seehofer hatte wiederholt betont, er wolle angesichts veränderter Ausbauziele den Bedarf an neuen Stromautobahnen noch einmal schwarz auf weiß nachgewiesen bekommen. Mit dem Entwurf für den neuen Netzplan gerät er nun unter Zugzwang. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte Seehofer zuletzt Zeit für eine eigene Positionierung bis Januar eingeräumt. Seehofer hat nicht nur Bedenken gegen die Ost-Süd-Trasse, sondern auch gegen den 800 Kilometer langen SuedLink – über die Gleichstromtrassen sollen bis zu sechs Gigawatt Windstrom aus dem Norden in den Süden transportiert werden, um die schrittweise Abschaltung der Atomkraftwerke bis 2022 zu kompensieren.

 

RG / dpa

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