Kranzniederlegung nach Zugunfall Bad Aibling

Ermittler prüfen nach tödlichem Zugunglück Fehlerquellen bei Notruf

Ein doppelter Irrtum des Fahrdienstleiters ist vermutlich Ursache des Zugunglücks von Bad Aibling mit elf Toten. „Menschliches Versagen“, und das in tragischer Verkettung – wie konnte es dazu kommen?

 

Ein fehlgeleiteter Notruf hat womöglich zu dem schweren Zugunglück im oberbayerischen Bad Aibling mit elf Toten und zahlreichen Schwerverletzten beigetragen. Der Fahrdienstleiter hatte nach den bisherigen Ermittlungen zuerst ein falsches Signal gesendet – und dann in der Hektik wohl die Tasten zweier verschiedener Warnrufe verwechselt. Das berichtete die „Bild“-Zeitung am Dienstag unter Berufung auf den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

 

Das wollte die Staatsanwaltschaft zwar so konkret nicht bestätigen. Die Ermittler prüfen derzeit aber auch mögliche Fehlerquellen beim Notruf. Eine Fehlbedienung sei Gegenstand der Ermittlungen und der Begutachtung durch den Sachverständigen, teilte die Anklagebehörde in Traunstein am Dienstag mit. Es gelte insbesondere zu klären, weshalb und unter welchen Umständen beide Züge auf die eingleisige Strecke geschickt wurden und warum das Unglück nach der folgenschweren Fehlentscheidung nicht noch vermieden werden konnte.

 

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Anhaltspunkte für rein technische Ursachen bei Gleis- oder Signalanlagen oder in den kollidierenden Zügen hätten sich nicht ergeben, erklärte die Anklagebehörde weiter. „Deshalb steht nach wie vor menschliches Versagen etwa des zuständigen Fahrdienstleisters im Mittelpunkt der Ermittlungen.“

 

Der Mann hatte den bisherigen Erkenntnissen zufolge die eingleisige Strecke für zwei Züge gleichzeitig freigegeben. „Der Fahrdienstleiter hat, als er seinen ersten Irrtum bemerkte, einen ersten Warn-Funkspruch an die beiden Lokführer schicken wollen“, sagte Innenminister Herrmann der „Bild“-Zeitung. Dabei habe er die falsche Taste gedrückt und anstelle der Lokführer andere Fahrdienstleiter alarmiert. „Daraufhin schickte der Fahrdienstleiter einen zweiten Funkspruch an die Lokführer. Diesmal drückte er die richtige Taste, aber da war es schon zu spät“, sagte Herrmann. Sein Ministerium wollte dazu keine Stellung nehmen.

 

Die „Bild“-Zeitung schreibt unter Berufung auf einen Experten, die beiden Tasten für die unterschiedlichen Notrufe lägen nebeneinander. Die Deutsche Bahn AG nahm dazu nicht Stellung. „Wir werden uns zu den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht äußern und warten ab, bis Ermittlungsergebnisse vorliegen“, sagte ein Sprecher.

 

Herrmann zog ein bitteres Fazit: „Wäre der erste Funkspruch bei den Lokführern angekommen, hätte das Unglück womöglich noch verhindert werden können. Das ist ganz besonders tragisch.“ Nun laufe es auf eine Anklage des Fahrdienstleiters wegen fahrlässiger Tötung hinaus. „Es sind mittlerweile auch alle technischen Defekte ausgeschlossen: Die Züge waren technisch völlig in Ordnung, inklusive der Bremsen. Das Funknetz hat funktioniert, ebenso alle Stellwerk-Funktionen.“

 

Unterdessen wurde bekannt, dass die Stadt Bad Aibling eine Gedenkstätte für die Opfer des Unglücks plant. Sie solle wahrscheinlich am sogenannten Theresienmonument in Sichtweite der Unglücksstelle errichtet werden, sagte der erste Bürgermeister Felix Schwaller (CSU). Die Frage sei bereits mit Vertretern der beiden christlichen Kirchen besprochen. Wie die Gedenkstätte aussehen soll, sei aber noch offen. Sie werde wahrscheinlich im Herbst nach den großen Ferien errichtet und solle auch Raum bieten, um an den Jahrestagen Gedenkfeiern zu halten.

 

Bei dem Frontalzusammenstoß zweier Regionalzüge auf der Strecke von Holzkirchen nach Rosenheim waren am 9. Februar elf Menschen ums Leben gekommen und 85 Passagiere teils lebensgefährlich verletzt worden. Das Bahnunglück gilt als eines der schwersten in der Geschichte der Bundesrepublik.

 

rg / dpa

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