
Ein Berufsstand in Not: Die Sorgen des Handwerks
Mit mehr als fünf Millionen Beschäftigten gehört das Handwerk zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen in Deutschland. Trotzdem – den Berufszweig mit rosaroter Brille zu sehen, wäre naiv. Dem Handwerk geht es nicht besonders gut und es besteht Handlungsbedarf.
Momentan treiben vor allem diese drei Themen die Firmen um:
NACHWUCHS
Im vergangenen Jahr konnten die Handwerksbetriebe 20 000 Lehrstellen nicht besetzen. Ein Grund ist die Akademisierung: Immer mehr junge Leute zieht es an die Universität – auch weil die Eltern sich diesen Ausbildungsweg für ihre Kinder wünschen. Für die Handwerksbetriebe ist die Entwicklung ein großes Problem. Viele Aussteller nutzen die Handwerksmesse in München als Kontaktbörse, um im persönlichen Gespräch Nachwuchs zu gewinnen. Die Bundesagentur für Arbeit will nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) sogar mit einer Gruppe von Flüchtlingen auf die Messe kommen, um Chancen für eine Ausbildung der jungen Menschen auszuloten.
BÜROKRATIE
Wer an das Handwerk denkt, hat meist praktische Arbeit vor Augen: der Schreiner in seiner Werkstatt, der Friseur beim Haareschneiden. In der Praxis aber müssen sich Handwerker auch mit einer Menge Papierkram herumschlagen. Das neueste «Bürokratiemonster» ist aus Sicht vieler Betriebe der Mindestlohn. Nicht die Höhe von 8,50 Euro sei das Problem, heißt es beim ZDH. Aber die neuen Aufzeichnungspflichten mit zweijähriger Aufbewahrung stellten sowohl den Chef als auch die Mitarbeiter vor neue Herausforderungen. Vieles werde schlicht als Gängelei empfunden.
ERBSCHAFTSTEUER
Das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember die Bevorzugung von Firmenerben bei der Erbschaftsteuer gekippt und eine Neuregelung verlangt. Seitdem machen sich viele Handwerker Sorgen, wie die Reform aussehen wird. «Kleine Handwerksbetriebe bangen um die Übertragung auf die nächste Generation», sagte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke im Februar der «Passauer Neuen Presse». Sie bräuchten im Rahmen einer Erbschaftsteuer-Reform weiter Ausnahmen, um bei der Betriebsübergabe nicht übermäßig belastet zu werden.
jn / dpa