Das Münchner Rotlicht-Milieu wappnet sich für die Wiesn
Das Oktoberfest spült Wiesn-Wirten, Taxifahren und Hotelbesitzern einen Haufen Geld in die Taschen – rund 400 Millionen Euro werden von den Besuchern auf dem Festgelände gelassen. Aber: Rund 600 Millionen geben sie nochmal im restlichen Stadtgebiet aus – und davon profitiert auch das horizontale Gewerbe in München.
Rund 1500 Prostituierte arbeiten während des Oktoberfests täglich
Rund 3000 Prostituierte sind in München gemeldet, pro Tag arbeiten 500 bis 800 von ihnen. Aber zur Wiesn-Zeit wird sich diese Zahl laut Polizei in etwa verdoppeln: Bis zu 1500 Prostituierte werden dann tagtäglich dem horizontalen Gewerbe nachgehen. Sie reisen teilweise aus allen Ecken Deutschlands nach München, um ebenfalls etwas vom Oktoberfest-Kuchen abzubekommen. Ein Haufen Arbeit für das Kommissariat 35 der Münchner Polizei, das seinen Schwerpunkt im Bereich Prostitutionsstraftaten hat.
„Zur Wiesn-Zeit und zu den großen Messen in München sind die Betriebe einfach voll“, weiß Kriminalhauptkommissar Uwe Dörnhöfer. Da liegt der Verdacht nahe, dass einige Prostituierte hin und wieder auch in Hotels ihrer Arbeit nachgehen. „Da haben wir natürlich ein scharfes Auge darauf, das zu unterbinden. Denn Prostitution im Sperrbezirk in München ist verboten. Wir im Jahr 2011 etwa 100 Fälle, in denen wir Prostituierte erwischt haben, die im Sperrbezirk gearbeitet haben – und das wird stark geahndet in München.“
Die Polizei warnt vor Abzocke in Table-Dance-Bars
180 Betriebe, in denen Sex für Geld gekauft werden kann, gibt es in München. Die Betreiber sind der Polizei bestens bekannt. Sie alle sind nahezu unproblematisch – im Gegensatz zu so mancher Table-Dance-Bar in Bahnhofsnähe.
„Insbesondere zur Wiesn-Zeit fällt uns das auf, dass alkoholisierte Gäste, die von der Wiesn kommen und sich in die Innenstadt begeben, oft ausgenutzt werden von sogenannten Animierbetrieben“, warnt Dörnhöfer. „Da passiert es sehr oft, dass der Alkoholpegel der Gäste ausgenutzt wird, um den Leuten in die Taschen zu greifen. Und dass dann hinterher vierstellige Summen bezahlt werden müssen für irgendwelche überteuerten Getränke.“
Regelmäßige Kontrollen im Vorfeld des Oktoberfests
Etwa 80 Prozent der Prostituierten in München kommen aus dem EU-Ausland. Bei zahlreichen Razzien kontrollieren die Beamten auch die Ausweise – immer wieder werden in diesen die Geburtsdaten gefälscht, um ein scheinbar legales Alter für die Prostitution vorzutäuschen. Aber meist verlaufen die Kontrollen zur Zufriedenheit der Polizei.
„Wenn wir Razzien machen, werden wir oft gefragt: Warum findet ihr so wenig?“, erzählt der Hauptkommissar. Aus Sicht der Polizei liegt das vor allem an der langen und gründlichen Vorarbeit: „Wir sprechen mit den Betreibern, wir verhindern zum Beispiel auch, dass sich Zuhälter in den Betrieben aufhalten. Es gibt in keinem Münchner Rotlichtbetrieb Waffen, und wir finden auch nie Waffen bei Razzien. Wir machen eben von vornherein die Linie klar und kontrollieren so viel, dass wir das sofort feststellen würden, wenn da irgendwas aus dem Ruder läuft.“
Die Münchner Linie funktioniert
„Zuhälterkrieg um Straßenstrich“ – solche Schlagzeilen sucht man in der bayerischen Landeshauptstadt vergeblich. In den Bordellen werden keine Waffen, und äußerst selten illegale Prostituierte entdeckt. Die Münchner Linie funktioniert offenbar.
„Wir kennen jede Prostituierte in München. Und zwar dadurch, dass wir viel kontrollieren“, erklärt Dörnhöfer. Mit den Bordellbetreibern hat die Polizei die Absprache getroffen, dass die Prostituierten vor Arbeitsaufnahme zuerst auf die Dienststelle kommen und sich dort anmelden.
„Da werden die Pässe überprüft, da wird der Aufenthaltsstatus überprüft, da werden die Frauen belehrt, was sie dürfen und was sie nicht dürfen. Da werden den Frauen auch Hilfsangebote unterbreitet, die den Ausstieg aus der Prostitution fördern sollen. Beziehungsweise es wird auch genau hinterfragt, warum gehen sie der Prostitution nach. Ist ein Zwang dahinter – ja oder nein?“
Auch während des diesjährigen Oktoberfests werden die Beamten des Kommissariats 35 wieder einige Razzien im Rotlichtmilieu durchführen – je weniger sie finden, umso erfolgreicher war ihre Arbeit im Vorfeld.