
Bayern fordert neuen Kurs in deutscher Asyl- und Sicherheitspolitik
Die bayerische Staatsregierung fordert ungeachtet aller Wahlen schnelle Veränderungen in der Sicherheitspolitik für ganz Deutschland. Dazu will die CSU auf allen Ebenen ihren Einfluss geltend machen.
München – Trotz der im Herbst anstehenden Bundestagswahl fordert die bayerische Staatsregierung schon jetzt eine schnelle Neuausrichtung der deutschen Asyl- und Sicherheitspolitik. „Wir müssen jetzt mehr politischen Druck machen, um die Dinge zügig voranzubringen. Wir stehen unter einem hohen Zeitdruck“, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag in München. Faktisch forciert die CSU damit auf Bundesebene Verhandlungen über ein Einwanderungsgesetz – sie nennt es nur anders: Einwanderungsbegrenzungsgesetz.
Zuvor hatte das Kabinett zwei entsprechende Papiere beschlossen, in denen die CSU-geführte Staatsregierung Lösungen für aus ihrer Sicht bestehende Missstände benennt. In den Papieren sind viele altbekannte CSU-Forderungen zusammengefasst, die bislang aber im Bund keine Unterstützer fanden. In der CSU-Spitze gibt es dem Vernehmen nach aber angesichts der aktuellen Stimmungslage in der Bevölkerung sowie der Geschehnisse in den vergangenen Monaten eine große „Zuversicht“, dass sich dies nun ändere. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
CHARTA ZUR ASYLPOLITIK
In dem von Seehofer selbst formulierten Papier mit dem Titel „Damit Deutschland Deutschland bleibt“ wird nicht nur die seit Monaten etwa von der CDU abgelehnte Obergrenze für Flüchtlinge gefordert. Ohne die Begrenzung auf maximal 200 000 pro Jahr sei eine Integration nicht möglich. Zugleich spricht Seehofer sich für einen „Afrikapakt“ der Europäischen Union aus, der die Bekämpfung der Fluchtursachen durch bessere Lebensbedingungen zum Ziel hat. Die Charta setzt auch auf Härte, etwa durch konsequente Abschiebungen und strengere Grenzkontrollen, höhere Hürden beim Familiennachzug, Einschränkungen bei Sozialleistungen sowie die Einrichtung von Transitzentren in Grenznähe.
Zudem fordert das Seehofer-Papier ein europaweites Asylsystem, bei dem sich alle Länder an die gleichen Regeln halten. Dies gilt für die Aufnahme von Flüchtlingen, die gegenseitige Unterstützung bei den Kontrollen der Außengrenzen, die konsequente Anwendung des Dublin-Verfahrens, weitere Vereinbarungen mit Drittstaaten nach dem Vorbild der Türkei zur Flüchtlingsaufnahme und eine Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten. Für den Fall, dass dies nicht umsetzbar ist, droht Seehofer mit umfassenden Binnengrenzkontrollen als „letztes Mittel“.
SICHERHEITSKONZEPT
Mit einem umfassenden Forderungskatalog sollen Lücken und neue Anforderungen in der aktuellen Sicherheitslage bewältigt werden. Polizei, Verfassungsschutz und Justiz sollen viele neue Befugnisse bekommen, etwa durch mehr Videoüberwachung, mehr Möglichkeiten zur Überwachung von Kommunikationskanälen und Online-Durchsuchungen. Bei Bedarf soll die Bundeswehr auch im Inland einsetzbar sein. Weitere Punkte sind umfassendere DNA-Kontrollen beziehungsweise die Nutzung der dort gewonnenen Informationen, höhere Haftstrafen bei Angriffen auf die Polizei und bei Wohnungseinbrüchen sowie ein besserer und verpflichtender Datenaustausch der Behörden auf EU-Ebene. Islamistische Gefährder sollen besser überwacht und die Abschiebehaftfristen verlängert werden. Nach der Ansicht Bayerns braucht es auch eine bundesweite Schleierfahndung, wie sie bislang nur von einigen Bundesländern durchgeführt wird. Generell soll jeder ausländische Straftäter sein Aufenthaltsrecht verlieren.
dpa