In dieser Sendung München tut gut tauchen wir tief in die Welt des Waldbadens ein. Wir begleiten eine Gruppe, die von Dr. Melanie H. Adamek (Wald-Gesundheitsexpertin) und Sabine Oberg (Psychologin und Waldtherapeutin), beide vom IM-WALD-SEIN® Instituts für Waldmedizin und Waldtherapie, angeleitet wird. Es geht allerdings nicht darum, etwas ‚richtig‘ zu machen… Denn Waldbaden ist intuitiv! Von Melanie und Sabine bekommen wir Impulse, wie wir uns besser auf den Wald einlassen können und Übungen, die jeder auch zu selbst nachmachen kann. Gemeinsam erforschen wir, ob der Aufenthalt im Wald tatsächlich Stress abbauen und das Immunsystem stärken kann. Auf jeden Fall eine besondere Naturerfahrung, die unserem Körper, Geist und Seele guttut.
Waldbaden bietet eine ganzheitliche Möglichkeit, Körper und Geist zu pflegen und kann der erste Schritt zu einer besseren Gesundheitsvorsorge sein. Im Gegensatz zu einem Spaziergang oder einer Wanderung geht es nicht darum, von A nach B zu gelangen, also etwas zu TUN, sondern nur darum, HIER zu SEIN.
Der Begriff „Waldbaden“ beschreibt eine zwanglose Erfahrung unter Bäumen, ein individuell praktiziertes Wald-Gesundheitstraining zur persönlichen Gesundheitsvorsorge. Der deutsche Begriff leitet sich vom japanischen „Shinrin Yoku“ ab. Shinrin bedeutet Wald und Yoku baden im Sinne von Eintauchen. Damit bezeichnet Waldbaden die Praxis, in den Wald und die Natur einzutauchen und eine sensorisch-sinnliche Verbindung zur Natur herzustellen.
Wir erkunden den Wald bei einem genussvollen Waldaufenthalt mit allen Sinnen. Wir atmen die Waldluft ein und bauen mithilfe der besonderen Waldatmosphäre Stress ab, beugen Krankheiten vor und können bestimmte Krankheitsbilder verbessern. Besonders interessant ist, dass wir neben den fünf Sinnen, die allen wohlbekannt sind, auch weitere Sinne aktivieren und kultivieren können.
Ich spreche bewusst lieber vom „Im-Wald-Sein“. „Im-Wald-Sein“ ist ein Begriff, der das Shinrin Yoku um den Fokus der Gegenwärtigkeit und des Gewahrseins erweitert. Denn es geht um das SEIN und das So-Sein-Dürfen, wie man ist. Indem man im Wald präsent ist, sich auf seine Atmosphäre einlässt, ihn wahrnimmt und auch wahrnimmt, was der Wald mit einem macht, erreicht man, ohne es anzustreben, äußere, innere und relationale Achtsamkeit – und als Folge eine wichtige Grundvoraussetzung für Resilienz, Stressabbau und Entspannung.
Eine Vielzahl von Studien belegt die positiven Wirkungen von Naturkontakt für unsere körperliche, geistige und seelische Gesundheit und auch für unser soziales Zusammenleben. Viele dieser Studien habe ich für mein Buch IWS, die natürliche Antwort auf Psychostress und Zivilisationskrankheiten von A bis Z ausgewertet und unter dem Stichwort „Vitamin Grün“ Forschung zusammengestellt. Das Im-Wald-Sein kann vielen Zivilisationskrankheiten vorbeugen oder sie lindern – denken wir an Allergien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder Diabetes. Speziell zum Waldbaden würde ich Folgendes hervorheben.
1. Die Stressreduktion ist außerordentlich bedeutsam: Der Aufenthalt im Wald senkt nachweislich die Cortisolspiegel (Stresshormon) im Blut, was zu besserer Entspannung und Ruhe führt.
2. Stärkung des Immunsystems: Phytonzide und natürliche ätherische Baumöle, erhöhen die Aktivität der natürlichen Killerzellen unseres Immunsystems und schützen uns besser vor Viren und Krankheiten.
3. Verbesserung der Stimmung: Die Natur fördert die Ausschüttung von Serotonin und Dopamin, unseren „Glückshormonen“.
4. Förderung der Kreativität: Naturerlebnisse stimulieren kreatives und lösungsorientiertes Denken.
5. Konzentrationssteigerung: Naturaufenthalte verbessern die Konzentrationsfähigkeit und sind besonders hilfreich für Menschen mit ADHS.
7. Linderung von Angst und Depressionen: Waldbaden kann die Symptome von Angstzuständen und Depressionen mildern.
8. Naturverbundenheit: Waldbaden fördert die (Rück-)Verbindung mit der Natur, die als heilsam erlebt wird.
Die sogenannte Shinrin-Yoku-Forschung beschäftigt sich seit Anfang der 80er Jahre ausführlich mit den Effekten der Waldluft und der Waldatmosphäre auf das zelluläre Immunsystem. Mehr als 5.000 flüchtige Substanzen sind bekannt. In einer Serie von Studien seit 2005 hat sich gezeigt, dass Waldaufenthalte unter dem dichten Kronendach der Wälder dazu führen, dass wir die von Bäumen und Pflanzen abgesonderten Aerosole als natürliche Aromatherapie über die Nase aufnehmen. Dieser Terpen-Cocktail wird von unserem Körper und den Zellen verarbeitet. Terpene wie Alpha- und Beta-Pinene oder Limonene stärken unser Immunsystem, indem sie dazu führen, dass die Anzahl und Aktivität unserer natürlichen Killerzellen gesteigert wird. Das hat die Shinrin-Yoku-Forschung in einer Serie schlüssiger Experimente eindeutig belegt.
Wichtig ist das dichte Kronendach und dass es eher windstill ist. Da die Stoffe vor allem von den Baumblättern abgegeben werden, dürften im Winter Nadelwälder besonders gut geeignet sein.
Manche Studien empfehlen, öfter mal 20 Minuten in den Wald zu gehen. Wir haben selbst eine Pilotstudie in Form eines Praxistests durchgeführt und auf dieser Grundlage empfehlen wir einen ausgedehnten Ausflug von ca. 2,5 Stunden pro Woche. Damit konnten in den erwähnten Studien die untersuchten Effekte auf die NK-Zellen und die Stimmung bis zu einer Woche nachgewiesen werden. Also im Grunde den guten alten Sonntags-Waldspaziergang in neuem Gewand.
Waldbaden bedeutet, bewusst im Hier und Jetzt zu sein und die Umgebung mit allen Sinnen wahrzunehmen. Hier einige Schritte, um es optimal zu erleben: