Sie sind gefährlicher als die von Hunden – die Bisse von Menschen. Verbunden mit einer hohen Infektionsrate können sie lebensgefährlich sein. Besonders häufig trifft das in Bayern Polizisten: Ganze 281 Mal wurden sie im letzten Jahr gebissen.
Sich mit Bissen zu verteidigen hat etwas sehr archaisches, das wir normalerweise nur aus der Tierwelt kennen. Immer öfter wehren sich aber auch Menschen mit Bissen gegen vermeintliche Gegner wie zum Beispiel die Polizei. In Bayern kam das 2015 besorgniserregend oft vor.
Bei der Kontrolle eines streitlustigen Pärchens in einer Fürther Gaststätte beißt eine Frau einer Polizistin ins Bein. In der Münchner S-Bahn erwischen Kontrolleure einen 71-Jährigen ohne Ticket – der daraufhin einem Mitarbeiter der Bahn gegen das Bein tritt und einem Bundespolizisten in die Hand beißt. In einem Schwimmbad in Zirndorf bei Nürnberg beißt eine Frau einem Polizisten in den Arm, der sie nach einem Platzverweis herausgeleitet. All diese Fälle ereigneten sich allein im August – und sie passen zum Trend: Die Zahl der Beißattacken gegen Polizisten in Bayern wächst.
281-mal sind Polizisten im Freistaat im vergangenen Jahr gebissen worden, wie aus Zahlen des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA) hervorgeht. 2014 lag die Zahl noch bei 256, im Jahr zuvor bei 223 und 2012 sogar bei nur 198 Fällen. Das entspricht einem Anstieg von rund 40 Prozent in diesem Zeitraum. Allein zwischen 2014 und 2015 betrug der Zuwachs 10 Prozent. Im Zuständigkeitsbereich der Münchner Polizei ging die Zahl im vergangenen Jahr entgegen dem bayernweiten Trend um 9 auf 63 Beißattacken zurück, wie eine Sprecherin mitteilte.
Im selben Zeitraum schwankte die Zahl der Gewalt gegen Polizeibeamte laut LKA von landesweit 6713 Taten 2014 bis 6919 im vergangenen Jahr. Wurde 2012 also noch bei 2,9 Prozent aller Fälle von Gewalt gegen Polizisten ein Beamter gebissen, so war dies 2015 bei 4,1 Prozent der Delikte der Fall. Daten für 2016 liegen noch nicht vor.
Menschenbisse gelten als gefährlicher und mit höheren Infektionsraten verbunden als die vieler Tiere. Ursache sind nicht etwa Viren wie HIV oder Hepatitis, sondern die potenziell sehr gefährliche Bakterien Streptokokken oder Staphylococcus aureus aus der Mundflora. Breiten sie sich im Körper aus, kann das zu Blutvergiftung, Hirnhautentzündung oder Entzündungen am Herzen führen.
Zusätzlich besteht eine hohe Verletzungsgefahr durch Quetschungen. Im Vergleich: Ein Hundebiss zerfetzt häufig größerer Bereiche der Haut, die Infektionsgefahr liegt aber nur bei 10 bis 20 Prozent der Fälle. Bei Katzenbissen liegt das Risiko dagegen ähnlich hoch wie bei Menschen bei 45 bis 55 Prozent. Das liegt daran, dass die spitzen, teils nadelähnlichen Zähne in Haut und Gelenke eindringen können und dorthin den gefährlichen Speichel tragen.
„Beißen ist eine eher ungewöhnliche Form der Widerstandshandlung“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. Über die Gründe, warum neben Treten und Schlagen vermehrt das Beißen zum Angriff auf Polizisten genutzt wird, könne er nur spekulieren. Entscheidend sei wohl vor allem, ob der Täter es schafft, die Distanz zum Beamten zu überbrücken, um ihn überhaupt beißen zu können.
Grundsätzlich obliegt es den Polizisten selbst, sich gegen mögliche Infektionen durch Bisse zu impfen, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. „Wir bieten aber auch dienstliche Impfungen an. So können sich bayerische Polizeibeamte gegen Hepatitis B impfen lassen.“ Nur im Einzelfall würden beispielsweise bei Auslandsmissionen in besondere Risikogebiete dienstliche Impfungen etwa für Tollwut angeboten – eine durch infizierte Tiere übertragbare Krankheit, die in Deutschland selten ist.
Zum Vergleich: Die Zahl der durch Hunde gebissenen Polizisten scheint zu schrumpfen. Die LKA-Statistik weist die Fälle „Hunde hetzen“ und „Hundebiss“ gemeinsam aus. 2012 passierte dies achtmal, im vergangenen Jahr lediglich in drei Fällen.
bn/dpa