
Amateurderby: Viel Rauch - wenig Gewalt
Für viele Fußballfans ist es das Spiel der Saison in München – das Lokalderby zwischen dem TSV 1860 und dem FC Bayern. Tore gab es zwar diesmal keine im Grünwalder Stadion, dafür aber Gänsehautatmosphäre. Die Münchner Polizei zieht eine positive Bilanz.
Es ist Sonntagmorgen, die meisten Bayern-Fans, die sich gerade auf dem Weg in Richtung Treffpunkt zum Tal bewegen, sind noch gar nicht so richtig wach. Die Niederlage im Supercup gegen VfL Wolfsburg hat bei einigen Spuren hinterlassen: „Das ist doch gar kein richtiger Titel, daher egal. Aber ein bisschen Frusttrinken gab es schon und jetzt geht es hier schon wieder weiter“, sagt ein Fan der Roten.
Fans der Sechzger sind zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht zu sehen, ruhig lassen sie es an diesem Derbytag angehen, zu groß der Frust über den wieder einmal nicht gelungenen Saisonstart in der zweiten Liga. „Mit einer 3-zu-0-Niederlage gegen Freiburg hätte ich leben können, ich hatte damit gerechnet, aber so ist es natürlich bitter, ein Punkt wäre dringewesen. So richtig Lust auf das Derby habe ich nicht, aber nicht nur wegen dem Zweitligastart, sondern auch wegen den immer größer werdenden Repressionen von Seiten der Polizei – so macht Fußball einfach keinen Spaß“, antwortet ein Fan der Blauen auf die Frage, warum so wenige Löwen zu sehen sind.
Zur selben Zeit trifft sich die Münchner Polizei mit Vertretern der Presse in der Ettstraße. Unter dem Motto „Fair Play für alle“ planen die Beamten den Einsatz seit Wochen. „Wir wollen transparent arbeiten, mit 900 Mann sind wir heute im Einsatz, also einige hundert weniger, als beim vergangenen Derby. Mal schauen, ob die Fußballfans unserem Entgegenkommen gerecht werden.“ Wolfgang Wenger und seine Kollegen von der Polizei wollen sich im Hintergrund aufhalten, „nur an Brennpunkten wollen wir präsent sein“.
Derbymarsch der Bayernanhänger
Im Tal haben sich zu diesem Zeitpunkt knapp 1.500 Fans des FC Bayern München versammelt, viel weniger als noch beim vergangenen Derby, als die Supporter der Roten „Unterstützung“ aus Bochum, Hamburg und San Benedetto del Tronto hatten. Kurz nachdem sich der Tross in Bewegung gesetzt hatte, fliegen Bierflaschen, Rauchtöpfe werden gezündet, Bengalos brennen – die Polizei nimmt zwei Personen fest. Am Sendlinger Tor ankommen, geht es für die Fans in die U-Bahn Richtung Giesing, die Fahrt verläuft friedlich.
In Giesing muss die Polizei eingreifen
Grünspitz, Candidplatz oder doch am Wettersteinplatz? Wo treffen sich die Löwen? Lange hatte die Polizei gerätselt, letzten Endes haben sich gerade einmal 200 Fans am Candidplatz getroffen, der Rest verbringt den Vormittag in den Kneipen Giesings, einen Fanmarsch gibt es nicht.
Und so sind an diesem Sonntag die Anhänger des FC Bayern klar in der Überzahl, als sie unter dicken, roten Rauchschwaden am Grünwalder Stadion eintreffen. Gesänge, Gepöbel, Provokationen – doch die wenigen Löwen-Anhänger bleiben ruhig. Lediglich als ein paar halbstarke Bayern-Anhänger versuchen, die Candidstraße zu überqueren um die Blauen zu attackieren, wird es kurz unruhig, doch die Polizei hat die Lage schnell im Griff. Polizeipräsident Robert Kopp zeigt sich enttäuscht: „Jetzt mussten wir doch wieder mit dem USK anrücken und die komplette Straße mit Beamten und Einsatzwagen abriegeln, wir hatten es uns anders gewünscht“.
Bengalos, Rauchtöpfe, Spielunterbrechung
Im Stadion dasselbe Bild. Während die Bayern-Fans bereits seit über einer Stunde in der Stehhalle des Grünwalder Stadions waren, ist der Block der Löwen noch fast komplett leer, erst kurz vor Spielbeginn füllt er sich schließlich noch.
Doch kurz nach Anpfiff gleich die erste Unterbrechung. Wie schon beim letzten Derby brennen die Anhänger des FC Bayern massiv Pyrotechnik ab. Böller, die eigentlich in der Fanszene verpönt sind, fliegen auf den Rasen – für 5 Minuten wird das Spiel unterbrochen, die Polizei rückt mit Einsatzkräften in den Bayern-Block vor.
Dann bleibt es ruhig, zumindest was Pyrotechnik betrifft. Auf den Rängen herrscht gute Stimmung, zwar nicht annähernd so lautstark wie die vergangenen Jahre, aber trotzdem liegen Welten zwischen der Lautstärke in der Allianz-Arena und dem Grünwalder Stadion. Das Spiel passt sich der eher zurückhaltenden Unterstützung an – 0 zu 0 heißt es am Ende.
Vor und während des Spiels kam es zu 14 Festnahmen und 7 Identitätsfeststellungen wegen Delikten wie Körperverletzung, Landfriedensbruch, Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz und Beleidigung.
Nach dem Spiel: Löwen-Anhänger verschanzen sich in Kneipe
Kurz nach 16.00 Uhr kam es dann doch noch zu Vorfällen in Stadionnähe. Eine Gruppe von Anhängern des FC Bayern München ging durch die Martin-Luther-Straße. Sie kamen an einem Lokal mit Biergarten vorbei, in der sich auch eine Gruppe von Fans des TSV 1860 München aufhielt. Es kam zu einer Auseinandersetzung, bei der die Bayernfans mit Flaschen beworfen wurden, woraufhin diese die Flucht ergriffen. Polizeibeamte wurden bei ihrem Eintreffen an dem Lokal ebenfalls mit Flaschen und Gläsern beworfen. Die Personen zogen sich in das Lokal zurück, welches zunächst von starken Polizeikräften umstellt wurde.
Durch Gespräche konnten die Personen überzeugt werden, sich der notwendigen Personalienfeststellung zu unterziehen. Daraufhin wurden von 75 Personen die Personalien festgestellt. 13 Personen wurden vorläufig festgenommen. Die Martin-Luther-Straße musste bis zur Beendigung von Straßenreinigungsarbeiten gesperrt werden.
Polizeivizepräsident Robert Kopp bedankt sich bei den Fans, die sich an das Motto „Fair Play für alle“ am Spieltag gehalten haben. Leider wurde das Bild durch das Verhalten einer Minderheit nach dem Spiel getrübt.
rg / polizei